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Title: T.C. Boyle - Ein gebackenes Kamel..., 1 von 2
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Kamel...

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-- Weltwoche 17.04.2002
-- Rubrik Leben heute
-- Leibspeise,Bruno Ziauddin
-- Vermittelt von R.Gagnaux

T.C. Boyle: 'Ich habe den Appetit einer dreikoepfigen Dogge'

Obwohl duenn wie eine Spargel (1,91 Meter gross, 71 Kilo schwer), hat
sich der amerikanische Schriftsteller T.C. Boyle in seinem
literarischen Schaffen wiederholt mit gastronomischen Fragen
beschaeftigt. So laesst er in seinem Erstling 'Wassermusik' einer
maurischen Hochzeitsgesellschaft ein 'gebackenes Kamel (mit
Fuellung)' auftischen – das Rezept liefert Boyle gleich mit: 'Man
grabe ein Feuerloch. Flammenmeer auf eine ca. 1m tiefe Lage
gluehender Kohlen hinunterbrennen lassen~ die fein gewuerzten
Kraniche mit den gefuellten Karpfen fuellen. Schafe mit den
gefuellten Kranichen fuellen, sodann Kamel mit den gefuellten Schafen
fuellen. Das Kamel kurz ansengen, dann mit Doumpalmenblaettern
umwickeln und in der Glut vergraben. Zwei Tage lang backen. Als
Beilage Reis servieren.'

Weniger reichhaltig war Boyles eigener Menueplan waehrend seiner
Jugend, die er in der Naehe von New York verbrachte. Der Sohn
irischer Einwanderer wuchs in prekaeren Verhaeltnissen auf – seine
Eltern waren beide Alkoholiker, waehrend er sich als Herumtreiber,
Schulversager und Gelegenheitsfixer einen schlechten Ruf einhandelte.
Nachdem Boyle mit Ach und Krach den High-School-Abschluss geschafft
hatte, entdeckte er am College sein Talent fuers Schreiben. 1972
wurde er am renommierten Iowa Writers ’ Workshop aufgenommen, wo John
Irving zu seinen Foerderern zaehlte.

Mittlerweile lebt der 53-Jaehrige mit seiner Familie im kalifornischen
Nobelort Montecito und gilt als einer der grossen amerikanischen
Schriftsteller der Gegenwart. Nebst sieben Romanen schrieb er zahllose
Kurzgeschichten – beklemmende Geschichten bisweilen, die unter die
Haut gehen beziehungsweise auf den Magen schlagen koennen: Einst
verpasste eine Zuhoererin dem verdutzten Boyle bei einer Lesung einen
Schlag in die Magengrube. Die Frau hatte sich ueber einen Text
erbost, den er vorgetragen hatte. Die Erzaehlung heisst 'Nicht
zimperlich' und ist in der eben bei Hanser erschienenen
Kurzgeschichtensammlung 'Schluss mit Cool' nachzulesen.

Was bedeutet Ihnen die Kueche Ihrer Kindheit? Wie der Protagonist
meiner Kurzgeschichte 'Sorry Fugu' wurde auch ich strikte ins Reich
der einfachen Kost verbannt: Steaks, die so lange in der Bratpfanne
schmorten, bis sie zaeh wie eine Ledersohle waren, ungeschaelte, in
Wasser gekochte Kartoffeln und gruene Bohnen mit mehr Fasern als
Bohnen dran. Wenn es bei uns zu Hause mal exotisch wurde (vielleicht
einmal im Monat), gab ’s eine Takeaway-Pizza, die wir mit einem
billigen Fruchtsaft hinunterspuelten. Irische Abstammung halt.

Was ist Ihr Lieblingsgericht? Heute bin ich ein Sushi- und Sake-Mann,
und Tunfisch-Sushi mag ich am besten von allen.

Welches Nahrungsmittel halten Sie immer vorraetig? Lastwagenweise
Pasta.

Was wuerden Sie nie essen? Ich habe den Appetit einer dreikoepfigen
Dogge und bin noch keinem Nahrungsmittel begegnet, das ich nicht
mochte. Das Einzige, was ich mir je entgehen liess, war Walfleisch in
Japan.

Woran denken Sie bei vegetarisch? Ich denke an meinen grossartigen und
leuchtenden Helden Dr. John Harvey Kellogg, Erfinder der Cornflakes
und Protagonist meines Romans 'The Road to Wellville'. Das war noch
ein Mann, der Ballaststoffe zu schaetzen wusste, ganz zu schweigen
von der Intaktheit seiner Eingeweide.

Welcher Gegenstand in Ihrer Kueche ist Ihnen am wichtigsten? Leichte
Frage: der Korkenzieher.

Auf welchen koennen Sie verzichten? Auf den elektrischen
Fisch-Puerierer. Damit laesst sich zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit
ein schmackhaftes Karpfen-Mus zubereiten. Ich benuetze meinen jedoch
nur selten.

Wenn Sie nur eine Wahl haetten, wovon wuerden Sie sich ausschliesslich
ernaehren? Da die Einnahme von nur einem Nahrungsmittel frueher oder
spaeter zum Tod des Organismus fuehrte, wuerde ich mich wohl fuer
etwas Elaboriertes entscheiden: Thai Beef Salad.

Weiter: siehe Teil 2